
Acht Kerzen sind auf dem Geburtstagskuchen, 4 pinke und 4 blaue. Unsere Zwillinge Anou und Miro sind ein Jahr älter geworden. Schon wieder. Wir - d.h. Mama und Papa - sind neben aller Freude auch ein klein bisschen traurig. Es ist der letzte Geburtstag bevor sie nächsten Sommer eingeschult werden. Damit ist dann eine Phase des Elternseins abgeschlossen, die nie wieder zurückkommt. Irgendwie dämlich dieser Gedanke, gerade in Anbetracht des zeitlichen Luxus, den wir aktuell miteinander geniessen. Und doch ist er da. Emotionen sind eben begrenzt steuerbar. Und nicht immer nachvollziehbar. Macht nichts. Vermutlich sind wir ja mit diesem Gedanken in bester Gesellschaft.
Geschenkt haben wir "unserer Bohne" und "Mirolino" aufgrund der besonderen Umstände mit unserer Familienauszeit dieses Jahr nichts. Also zumindest nicht direkt. Wir haben das Prinzip "Zwilling beschenkt Zwilling" als Alternative gewählt. Ein paar Tage vor dem Geburtstag ist Mama mit Miro (und Louan) um die Häuser gezogen, Papa mit Anou. Und sie durften sich gegenseitig ein Geschenk oder auch mehrere Geschenke aussuchen. Budget: 20 australische Dollars. Das entspricht etwa 15 Schweizer Franken.
Die Findungsphase war herrlich erfrischend: Natürlich wollte Miro seine Schwester zunächst mit Dingen beschenken, die er cool fand. Für sich, versteht sich. Und bei Anou lief das ebenso. Mit etwas Besprechungssupport seitens Mami/Papi kamen dann aber die Ideen, was wirklich den je andern erfreuen könnte. Miro kaufte am Ende insgesamt vier Präsente für seine Schwester. Seine grösste Angst dabei? Dass er selber nur ein einziges erhalten wird. Unbegründet, denn drei Geschenke gibt es auch für ihn. Nun werdet ihr euch vielleicht fragen, was man in diesem Alter für seine Schwester oder seinen Bruder aussucht?
Anou für Miro:
- Ein Heft mit Piraten-Klebern
- Eine Feuerwehrstation aus steckbaren Kartonteilen
- Ein Beach-Frisbee
Miro für Anou:
- Ein Peppa Pig-Memory
- Ein Buntstiftset inkl. Spitzer
- Ein Mango-parfümierter Labello
- Das allererste Nagellack-Set
Beide freuten sich sehr über die Geschenke des Anderen. Sowieso war es für die Beiden, für uns alle ein wunderbarer Tag. Ihnen fehlte zwar definitiv der aus Vorjahren geliebte Besuch von Familie, Götti und Gotti. Dafür erhielten die vielen, so liebevollen und kreativen Geburtstagsaufmerksamkeiten aus der Schweiz viel mehr Raum und Bedeutung. Sind wie kleine, wertvolle Schätze. Geschenke der andern Art. Werden auch Tage später noch wieder und wieder abgehört, geschaut, vorgelesen und genossen und sorgen für viel Strahlen und Freude bei Miro und Anou. Und so gingen unsere Zwillinge nach einem aussergewöhnlichen Geburtstag am anderen Ende der Welt zufrieden ins Bett.
Am nächsten Morgen stand eine Küstenwanderung mit Picknicken und Whale Watching von der Küste aus auf dem Programm. Auf eine Schifffahrt zur Beobachtung dieser riesigen Säugetiere haben dieses Mal alle dankend verzichtet ;-) (--> Mehr dazu hier). Die Wale passieren hier an der Central Coast die Küste mit nur etwa einem Kilometer Distanz, und so sind sie bei etwas Glück mit blossem Auge erkennbar. Inklusive der Sprünge der Buckelwale. Ein cooles Programm, oder?
Unsere Kids finden das im Grundsatz ja auch, aber Maslow und seine Pyramide schreien zunächst nach der Erfüllung anderer Bedürfnisse. Der geschenkte Nagellack gehört auf die Finger und auf die Zehen. Unmittelbar. Jetzt. Und nicht nur bei Anou. Auch bei Miro. Papa verdreht definitiv auffällig die Augen. Und kann nicht anders als Miro zu erklären, dass dies eher was für Mädchen sei. Dem Sohnemann ist das komplett egal. Und so wird 40x gestrichen. Begutachtet. Getrocknet. Erneut begutachtet. Gegenseitig das Resultat gezeigt. Es wird gelacht. Und am Ende die begrenzt vorhandene Garderobe nach zur Farbe des Nagellacks passenden Kleidern durchsucht. Zeit verstreicht. Viel Zeit. Mami und Papi warten. Louan auch. Und die Wale? Die sind auch später noch da. Und wenn nicht: Völlig egal.

Einmal mehr: So ist Reisen mit Kindern. Man nimmt ihn mit, den Alltag. Es sind praktisch nie die Top-Highlights des Reiseführers, die den Tagesinhalt bestimmen. Es ist kein endloses, entspanntes die Seele baumeln lassen, wie manch einer vielleicht denken mag.
Es ist viel Action den ganzen Tag lang, wie zuhause auch. Die Kinder und ihre Bedürfnisse geben den Grundtakt an. Kinder wollen spielen. Immer und überall. Sie stellen den ganzen Tag Fragen, wollen Antworten und fragen dann nahtlos weiter. Plaudern ohne Punkt und Komma. Singen. Lachen. Trotzen. Weinen. Beobachten und entdecken Neues. Es muss gegessen werden, und zwar ständig. Riesenmengen, beim Appetit unserer Grossvertilger. Das heisst kochen und einkaufen - eben wie zuhause auch. Toiletten suchen gehört zu unseren häufigsten Nebenbeschäftigungen. Kleider waschen auch. Erziehungsarbeit findet von frühmorgens bis spätabends statt. "Nein", "Bitte aufhören", "Seid etwas sorgfältiger mit eurem Bruder", "Setzt euch richtig hin", "Esst anständig", "Bitte nicht so laut", "Regelt das selber miteinander", "Wir zählen jetzt auf 3 und dann..." und so weiter und so fort. Zum Glück haben die Zwillinge noch nicht herausgefunden, dass nach der 3 eigentlich gar nichts kommt :-)
Gemütlich sind die Tage, die wir einfach "zuhause" und mit normaler Routine in Woy Woy Bay verbringen. Ein kleiner Spaziergang in der näheren Umgebung. Ein Spielplatz-Besuch, manchmal mit einem angehängten Fish&Chips-Lunch. Das Buschfeuer auf der anderen Seite der Bucht beobachten und fotografieren. Einen Sprung in den Pool geniessen. Und Mittagspause machen. Streng sind die grösseren Ausflüge, v.a. die mehrtägigen. Nach Sydney oder in die Blue Mountains. Aber sie sind eben auch wunderschön, deshalb streuen wir sie regelmässig ein.

Und so fällt unser Fazit nach 50 Tagen folgendermassen aus: So richtig erholt fühlen wir Eltern uns nicht, sondern sind jeden Abend ziemlich auf den Felgen, wenn die ganze Rasselbande im Bett ist. Aber wir sind glücklich, sehr glücklich sogar. Wir halten es toll miteinander aus. Klar gibt es immer mal wieder Streitigkeiten in den unterschiedlichsten Konstellationen. Aber nichts Tragisches. Nichts, was zuhause nicht auch hin und wieder vorkommt. Niemand hatte je Heimweh und der Familienzusammenhalt ist auf eine aktuell noch nicht erklärbare Art bereits stärker geworden. Wir lachen viel. Wir geniessen. Wir sind. In der Ferne im Alltag zuhause.
Comments: 9
#1
Pili (Sunday, 19 November 2017 11:50)
Einfach bewundernswert und herrlich. Weiterhin viele Glücksmomente, auch wenns streng ist, das nimmt euch niemand mehr weg. Erholung mal anders �.
#2
Nana (Sunday, 19 November 2017 16:48)
Sehr schön gschriebe, danke vel mol. Ond mer gsed dass es Euch alle sehr guet god. Ha no welle froge - was för e Farb för d Nägel hend Anou&Miro welle? Beidi glich? För de Miro esch dänk rosa ned so d Wunschfarb... ��
Liebi Omarmig Euch füf. Nana �
#3
Thomi & Debbie Sigrist (Sunday, 19 November 2017 21:21)
Hoi zäme geniesst diese einmalige unwiederbringliche Zeit. Marcel, cool dass Du die Socceroos schauen gingst! Hier beim FCL verasst Du nicht viel Schlaues... Travel safe and enjoy, see you, Thomi & Debbie
#4
Miro von FLAMM (Monday, 20 November 2017 13:22)
Liebi Nana,
nei, secher ned rosarot, das esch doch för Meitli :-) Ech ha de Hellgrüen/-blau, ond mini Schwöster de Violett, hed grad guet zom Chleidli passt, wo sie hed welle alegge...
En decke Schmotz us Australie
Dine Miro
#5
Marcel von FLAMM (Monday, 20 November 2017 13:27)
Ciao Debbie & Thomi,
Danke für eure Nachricht, hat mich sehr gefreut. Das war wirklich Hühnerhaut im Olympiastadion von Sydney mit 77'000 Leuten. Taktisch und technisch keine Übermannschaft, aber die haben mit echt viel Herz gespielt. War eine grosse Freude mit den Socceroos und seinen Fans! Freue mich jetzt schon auf Australien gegen die Schweiz in der Gardenvilla. Tomi Juric schiesst ein Tor, aber die Schweiz deren zwei... ;-)
Liebe Grüsse nach Luzern
Marcel & Family
#6
Anna-Maria + Heinz (Tuesday, 21 November 2017 16:52)
Hi ihr Weltenbummler. einfach unglaublich schön eure Berichte zu lesen, eure Erfahrungen, Glücksmomente und das spannende Familienleben mitzuerleben. HAPPY BIRTHDAY für Anou und Miro im nachhinein. Umarmen euch herzlichst in Gedanken
die zwei Class
#7
Cécile Hüsken (Tuesday, 21 November 2017 21:46)
Einfach wunderbar � Geniesse mit euch aus der Ferne die tollen Tage! Wunderbare Fotos!
Herzlicher Gruß und enjoy �
Cécile
#8
Azubi P (Thursday, 23 November 2017 15:16)
Hoi FLAMMS,
Sehr schöne Berichte. Auch wenn der eine ein wenig wehmütig klingt. Vielleicht hilft es ja, zu wissen, dass die Kindererziehung mit der Einschulung nicht aufhört :-) (also hoffentlich).
An den 4. werden sich die Zwillinge sicherlich noch lange erinnern.
Liebe Grüsse aus Thailand,
Azubi P.
#9
Susanne (Friday, 01 December 2017 08:04)
So schön!
Ich wünsche euch noch ganz viele wunderbare Momente auf eurer Reise!
Kommentar schreiben